Hilfe bei der Selbstdiagnostik: Die Perspektive von Angehörigen
Im Rahmen einer offiziellen Fremddiagnostik durch einen Facharzt/ eine Fachärztin werden oft Angehörige mit einbezogen. Dies ist ein übliches Verfahren und prinzipiell auch im Rahmen einer Selbstdiagnostik möglich. Insgesamt sollte auf eine Fremdeinschätzung der eigenen Auffälligkeiten nicht verzichtet werden, da eine solche Fremdeinschätzung zusätzliche Informationen bereitstellt. Durch solche zusätzlichen Informationen steht eine größere Datenbasis zur Verfügung, um eine fundiertere Vermutung über das Vorliegen/ Nicht-Vorliegen einer Autismus-Spektrum-Störung treffen zu können.
Daher ist es in aller Regel zielführend, die Testverfahren nicht nur selbst durchzuführen, sondern auch nahe Angehörige, die einen gut kennen, um ihre Einschätzung zu bitten. Dies bedeutet, den Angehörigen die Testverfahren ebenfalls auszuhändigen und sie evaluieren zu lassen, ob sie bei einem Anzeichen sehen, die für Autismus sprechen. So kann sichergestellt werden, dass das, was man bei sich selbst sieht, auch von nahen Angehörigen, die einen gut kennen und aus einer anderen Perspektive betrachten, gesehen wird. Solche nahen Angehörigen können die Eltern, Geschwister, Freundinnen und Freunde oder andere Personen sein, die einen gut kennen. Selbst bei extrem guten Maskierfähigkeiten ist es unrealistisch, dass eine Person ihre Defizite bzw. Einschränkungen so maskiert, dass keinem Angehörigen jemals irgendwelche Auffälligkeiten aufgefallen sind, wenn Autismus vorliegt. Tatsächlich gehört es so oder so zu den notwendigen Diagnosekriterien für eine Autismus-Spektrum-Störung dazu, dass erhebliche Beeinträchtigungen in persönlichen, familiären, sozialen, beruflichen bzw. anderen wichtigen Teilbereichen des Lebens vorliegen und das Ausgleichen dieser Defizite nur unter außergewöhnlicher Anstrengung möglich ist (ICD11). Somit kann im Extremfall über einige Stunden, aber nicht wochenlang durchgehend und "rund um die Uhr" maskiert werden. Die Erfahrung zeigt tatsächlich, dass viele autistische Personen, welche glauben extrem gut zu maskieren, plötzlich im Rahmen einer Fremdeinschätzung durch nahe Angehörige überrascht sind, wie viele Auffälligkeiten von diesen doch korrekt erkannt, aber (z.B. um die jeweilige Person nicht zu verletzen) niemals angesprochen wurden.
In dem Fall, dass Angehörige (z.B. Eltern) verfügbar sind, welche einen aus der Kindheit kennen und somit Aussagen über die (frühe) Kindheit machen können, ist es oft zielführend, diesen ebenfalls die Testbögen auszuhändigen und sie um das Folgende zu bitten: "Kannst du mit mir zusammen bitte diese Fragebögen ausfüllen und angeben, wie ich mich in der Kindheit verhalten habe?" Mithilfe dieser Einschätzungen können wichtige Informationen gewonnen werden. So kann schließlich überprüft werden, ob die jeweiligen Auffälligkeiten bereits in der Kindheit vorlagen (ggf. in abgeschwächter Form) oder ob sie sich erst später im Laufe des Lebens entwickelt haben. Diese Information ist sehr wichtig, da Autismus bereits in der frühen Kindheit beginnt und andere Störungen, bei denen es sich nicht um Autismus handelt, die aber Autismus zum Verwechseln ähnlich sehen können (z.B. Symptomfolgen von Posttraumatisches Belastungsstörungen), erst in späteren Lebensabschnitten beginnen. Diese anderen Störungsbilder sind von Autismus zu unterscheiden, weil sie in aller Regel eine andere Behandlung erfordern: Während Autismus eine prinzipiell "unheilbare Entwicklungsstörung" darstellt (vgl. z.B. Habermann & Kißler, 2022; ICD11), sind bei anderen Störungsbildern teilweise Therapien verfügbar, welche nicht nur die Lebensqualität verbessern, sondern auch unter Umständen eine Behebung von Symptomen, welche die Lebensführung einschränken, herbeiführen können.
Sollten keine Angehörigen zur Verfügung stehen, die einen bereits in der Kindheit kannten, oder sollten ihre Aussagen keine valide Aussagekraft besitzen (z.B. aufgrund von einer generellen Verleumdung von psychischen Problemen oder weil sie nicht an Autismus "glauben"), muss auf solche Informationsquellen leider verzichtet werden. Dennoch sollten dann andere Personen, die einen bereits möglichst lange und möglichst gut kennen, darum gebeten werden, die Tests auszufüllen, sodass eine Fremdbewertung der eigenen Auffälligkeiten vorliegt.
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